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Essen und Recht

Eine neue Episode vom „ahnungslosen Verbraucher“

Die in der Ausgabe vom November 2013 der „Apotheken Umschau“ erschienene Werbung für Becel pro.aktiv ist unzulässig.

So entschied das Landgericht Hamburg kürzlich in seinem Urteil vom 13.03.2015, Az. 315 O 283/14.

Hintergrund dieser Entscheidung war eine ganzseitige Anzeige des Lebensmittelkonzerns Unilever für die Halbfettmargarine „pro.activ“ ihrer Marke Becel.

Unter der Überschrift „Cholesterin senken – mit Erfolg“ und einer Abbildung des Produktes stand geschrieben: „Innerhalb von drei Wochen konnte Siegrid K. ihren Cholesterinwert mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Bewegung und Becel pro.aktiv deutlich reduzieren. ‚Mit Hilfe des Programms konnte ich meinen Cholesterinwert erfolgreich von 275 auf 211 mg/dl senken‘. Das entspricht einer Senkung um rund 23 Prozent“.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sah darin einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung (HCVO). Diese hat den Zweck, Verbraucher vor Irreführungen hinsichtlich nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben zu schützen, die wissenschaftlich nicht belegbar sind.

Das Gericht schloss sich dieser Auffassung an. Es führt aus, dass es sich bei der Angabe, dass der Cholesterinwert erfolgreich um 23 % gesenkt werden könne, um eine Angabe über die Verringerung eines Krankheitsrisikos handle, für die keine Zulassung bestehe. Bei einer solchen Angabe sei nach der HCVO lediglich eine Werbung, die eine Wirkung zwischen 7 % und 10 % verspreche sowie die Dauer angebe, bis die Wirkung eintritt, zulässig. Daran würde auch nicht der Text in einem Kästchen um die Anzeige etwas ändern, in dem es heißt, dass Becel pro.activ den Cholesterinspiegel um 7-10 % senken könne.

Das Gericht war weiter der Meinung, dass die Werbebotschaft bei Verbrauchern fälschlicherweise so ankomme, dass der Verzehr der Margarine die entscheidende Komponente für den Rückgang der Cholesterinwerte sei – und nicht etwa die ebenfalls erwähnte ausreichende Bewegung und die ausgewogene Ernährung.

Es ist damit also der Auffassung, dass, trotz der vorhandenen Angabe, dass der Verzehr der Margarine allein den Cholesterinspiegel um (lediglich) 7-10 % senken könne, also der eindeutigen Klarstellung, dass sich die Senkung um 23 % auf den Dreiklang ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung und Becel beziehen muss, der Verbraucher offenbar nicht in der Lage ist, dies zu erkennen.

Auch die Tatsache, dass darüber hinaus, wie das Gericht selbst ausführt, „ausreichende Bewegung und ausgewogene Ernährung an sich als vorteilhaft bekannt sind“ und sich dem Verbraucher somit eigentlich aufdrängen muss, dass Becel pro.activ nur eine der Komponenten sein kann, die zu einer Senkung von 23 % führen können, ändert an der Auffassung des Gerichts nichts.

Das Urteil stellt damit eine neue Episode vom angeblich „ahnungslosen Verbraucher“ dar.

Rechtsanwalt Tobias Jani