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Essen und Recht

Öffentliche Warnung durch Behörden vor nicht genießbaren Lebensmitteln erlaubt

Nach einem aktuellen Urteil des EuGH vom 11.04.2013 (Aktenzeichen C-636/11) ist es Behörden gestattet, den Verbraucher vor verzehrungeeigneten Lebensmitteln zu informieren. Bereits in zwei anderen Beiträgen vom 23.10.2012 und 19.11.2012 hatten wir über diese Thematik berichtet.

Diese höchstrichterliche europäische Entscheidung geht auf Kontrollen des Veterinäramts Passau aus dem Jahre 2006 zurück. Diese stellten im Rahmen ihrer Arbeit Lebensmittel, welche für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet waren sicher. Danach „drohte“ die Behörde, den Vorgang publik zu machen, sofern der Unternehmer nicht selbst Maßnahmen zur Informierung der Öffentlichkeit durchführe. Da der Unternehmer damit nicht in vollem Umfang einverstanden war und „lediglich“ eine sog. Produktwarnung herausgeben wurde, wurde der Verbraucherschutzminister des Freistaats Bayern tätig und informierte über einen Rückruf der Waren. Das Unternehmen sah sich durch die Aktion des Verbraucherschutzministers in ihren Rechten verletzt und es entwickelte sich ein Rechtsstreit, der nun bis zum EuGH führte.

Fraglich war vorliegend unter anderem, auf welcher Ermächtigungsgrundlage das Handeln des Verbraucherschutzministers basierte.

In der Pressemitteilung des EuGH heißt es hierzu:

„Die Verordnung über die Lebensmittelsicherheit (Verordnung (EG) Nr. 178/2002) gewährleistet, dass Lebensmittel, die nicht sicher, d.h. gesundheitsschädlich oder für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind, nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen.“

Zentralen Informationsgehalt hat folgende Aussage: „

In seinem Urteil von heute befindet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht einer nationalen Regelung wie der in Rede stehenden deutschen Regelung nicht entgegensteht, nach der eine Information der Öffentlichkeit über nicht gesundheitsschädliche, aber für den Verzehr durch den Menschen ungeeignete Lebensmittel unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels und des Unternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht wurde, zulässig ist; zu beachten sind dabei die Anforderungen der Geheimhaltungspflicht.“

Mit „deutscher Regelung“ ist das sog. Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch gemeint.

Was die Geheimhaltungspflicht anbetrifft, verweist der EuGH auf Art. 7 der Verordnung 882/2004/EG.

Unserer Ansicht nach ist das ein Meilenstein im Lebensmittelrecht mit positiven Auswirkungen auf die Verbraucher. Die von manchen angezweifelte Prangerwirkung scheint in der heutigen Zeit ein effektives Mittel zu sein, um auf Gefahren aufmerksam zu machen und Verstößen Einhalt zu gebieten. In Zeiten von Etikettenschwindel und anderen Lebensmittelskandalen, wie dem aktuellen „Pferdefleischskandal“ muss der Verbraucher sensibilisiert werden und kritisch hinterfragen dürfen.

Die Politik befasst sich ebenfalls mit möglichen Maßnahmen. So fordert z.B. der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel eine europäische Behörde für Lebensmittelkontrolle. Ob eine solche Behörde gegründet werden kann, ist jedoch eine wirtschaftliche Frage, die angesichts der finanziell angespannten Situation in Europa derzeit kaum gelöst werden kann.

Aber aus juristischer Sicht ist das Urteil begrüßenswert und stärkt die Rechte der Behörden, zumindest in einem Bereich, in welchem eine Stärkung notwendig war. Zwar kann man die Befürchtungen der Lebensmittelproduzenten, einen Rufschaden zu erleiden, nachvollzogen werden, aber der Schutz vor Gefahren überwiegt hier dem unternehmerischen Individualinteresse und obsiegt in einer umfangreich vorzunehmenden Abwägung.

Von der weiteren Entwicklung werden wir berichten.

Rechtsanwalt Enzo Beathalter