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Essen und Recht

Techniken zur Verschleierung der Gentechnik

In seinem „Honig-Urteil“ vom September 2011 hat der Europäische Gerichtshof das Prinzip der Nulltoleranz zu genetisch veränderten Organismen (GVO) in Lebensmitteln zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgeschrieben. Danach gilt die Zulassungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel unabhängig vom Anteil des gentechnisch veränderten Materials in dem Produkt, mithin also auch bei geringsten Spuren oder Anteilen.

Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch bei Bio-Produkten – wie bei allen anderen Lebensmitteln in der Europäischen Union auch – Verunreinigungen durch zugelassene GVO bis zu einem Anteil von 0,9 % von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind, sofern der Hersteller nachweisen kann, dass es sich um zufällige oder technisch unvermeidbare GVO-Einträge handelt. Folglich bedeutet „Bio“ nicht immer auch „ohne Gentechnik“.

Nach dem Durchführungsgesetz zur EG-Gentechnik (EGGenTDurchfG) kann für Lebensmittel, die ohne Anwendung von gentechnischen Verfahren hergestellt wurden, die Angabe „ohne Gentechnik“ verwendet werden. § 3 a Abs. 1 EGGenTDurchfG regelt dies als allein zulässige Bezeichnung, so dass angenäherte Regelungen wie „keine gentechnischen Zusätze“ oder „gentechnikfrei“ unzulässig sind.

Folgerichtig entschied danach der hessische Verwaltungsgerichtshof zu Lasten der Bio-Supermarktkette Alnatura, dass die werbliche Aussage „ohne Gentechnik, weil Bio“ unzulässig ist. Hierdurch wird der Eindruck erweckt, dass alle Bio-Lebensmittelprodukte mit der Angabe „ohne Gentechnik“ beworben werden dürften. Dies ist jedoch irreführend im Sinne des § 11 Abs. 1 LFGB, nachdem Bio-Lebensmittel nicht zwingend gentechnikfrei sein müssen, nachdem Verunreinigungen bis zu einem Anteil von 0,9 % von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind.

Diese Grundsätze sind bei werblichen Aussagen zu berücksichtigen. Ergänzend sei noch darauf hinzuweisen, dass auch in Fällen eines berechtigten Hinweises „ohne Gentechnik“ die Verwendung durchaus wettbewerbsrechtlich bedenklich sein kann. Dies gilt in den Fällen, in denen der Verbraucher über Selbstverständlichkeiten getäuscht wird, Art. 7 LMiV, § 11 Abs. 1 LFGB. Würde beispielsweise Mineralwasser als „ohne Gentechnik“ beworben werden, könnte hierin eine entsprechende Verbrauchertäuschung festgestellt werden, da es just die Beschaffenheit ist, die der Verbraucher erwarten darf.

Danach soll die werbewirksame Aussage „ohne Gentechnik“ solchen Produkten vorbehalten bleiben, bei denen die werbliche Aussage mit einem zusätzlichen Kontrollaufwand zur Feststellung der Qualitätsangabe verbunden ist (hierzu: OVG Rheinland-Pfalz, Az. 6 A 10564/02).

Allein aus dieser Logik heraus sind die Etikettierungen von Bierherstellern mit „ohne Gentechnik“-Siegeln oder der „Basmati-Reis“ als „ohne Gentechnik“-Produkt nachvollziehbar und wettbewerbsrechtlich zulässig.

Danach sollte auch in Zukunft jegliche Werbung Rund um das Thema „Gentechnik“ einer vorherigen Prüfung unterzogen werden.

Rechtsanwalt Tobias Vels