info@rbb-partner.de
+49 (7941) 92 06-0

Essen und Recht

Was einem „vor dem Verzehr durcherhitzen“ sagen soll!

§ 16 der Verordnung über die Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tier–LMHV) regelt, dass bei Hackfleisch und Fleischzubereitungen, die aus oder unter Verwendung von Separatorenfleisch hergestellt worden sind, zwingend der Hinweis „vor dem Verzehr durcherhitzen!“ anzubringen ist.

Allein war bisher streitig, welche Art von Fleischzerlegung noch als „Fleischzubereitung“ im Sinne von Nr. 1.15 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments tituliert werden kann oder ob es als „Separatorenfleisch“ im Sinne von Nr. 1.14 der Verordnung einzustufen ist.

Hierzu hat der EuGH im Urteil vom 16.10.2014 – Az. C-453/13 – entschieden, dass

das Erzeugnis, das durch maschinelles Ablösen des an Fleisch tragenden Knochen nach dem Entbeinen bzw. an Geflügelschlachtkörpern haftenden Fleisches gewonnen wird, als „Separatorenfleisch“ im Sinne von Nr. 1.14 einzustufen ist, da das eingesetzte Verfahren zu einer stärkeren Auflösung oder Veränderung der Muskelfaserstruktur führt, als sie rein an Schnittflächen eintritt“.

Einem Fleischstück, welches der vorgenannten Verfahrensweise unterfällt, kann nicht mehr die Bezeichnung „Fleischzubereitung“ im Sinne von Nr. 1.15 zugeordnet werden. Der Hintergrund der Entscheidung war die Entwicklung einer Maschine durch die Firma Newby Foods, mit der nach dem Entfernen des wesentlichen Teils des Fleisches von den Knochen das an diesen noch haftende Restfleisch ohne Zermahlen der Knochen oder Verflüssigen der Gewebereste abgelöst werden kann. Die Maschine verwendete im Wesentlichen Schärkräfte dafür, um die noch vorhandenen Gewebereste abzulösen und unterschied sich insofern von den bisher marktüblichen Maschinen, bei denen die Gewebereste unter Anwendung von Hochdruck in einen dünnen Brei umgewandelt werden.

In den von der Firma Newby Foods hergestellten Maschinen werden die gewonnenen Erzeugnisse (ob man hier von Fleisch sprechen kann, mag Ansichtssache sein) durch ein Sieb mit Öffnungen mit einem Durchmesser von 10 mm geleitet, um dann in einer anderen Maschine weiterverarbeitet zu werden, in der die Erzeugnisse durch ein Sieb gepresst werden, dessen Öffnung einen Durchmesser von 3 mm hat. In einschlägigen Fachkreisen wird das so hergestellte Erzeugnis bezeichnenderweise auch als „3-mm-Fleisch“ tituliert.

Das fertige Erzeugnis, das gewöhnlich Hackfleisch ähnelt, wurde im Vereinigten Königreich als „entsehntes Fleisch“ vermarktet. Zukünftig ist ein solches Fleisch als „Separatorenfleisch“ zu bezeichnen mit der Folge, dass entsprechende Warnhinweise, wie sie in der Überschrift aufgeführt sind, verwendet werden müssen.

Es kann festgehalten werden, dass die Entscheidung sicherlich dazu beiträgt, den Verbraucher vor dem Genuss entsprechender Erzeugnisse entsprechend zu sensibilisieren, auch wenn damit zu rechnen ist, dass weiterer technischer Fortschritt dazu führen wird, dass zukünftig eine Unterscheidung zwischen dem klassisch als „Separatorenfleisch“ bezeichneten Fleisch und maschinell gewonnenen Fleischresten kaum mehr möglich sein wird.

Rechtsanwalt Tobias Vels