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Essen und Recht

Auch der Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln unterfällt der Kontroll- und Zertifizierungspflicht durch eine Öko-Kontrollstelle

Derjenige, der Bio-Lebensmittel vertreibt, hat sich auch dann dem Kontrollsystem einer zuständigen Öko-Kontrollstelle zu unterstellen, wenn er die Waren (lediglich) über das Internet anbietet. Das hat jüngst das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden (vgl. Urteil vom 30.09.2014, Az. 14 U 201/13).

Hintergrund

Produkte, die mit dem „Bio-Siegel“ der Europäischen Union gekennzeichnet sind, müssen bekanntlich bestimmte (Mindest-)Anforderungen erfüllen, damit sie dieses Siegel überhaupt tragen- und als Bio-Produkte verkauft werden dürfen.

Diese Anforderungen sind in der EG-Öko-Basisverordnung (EG) Nr.834/2007 sowie den hierzu erlassenen Durchführungsverordnungen geregelt, welche in sämtlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Gültigkeit besitzen.

Doch nicht nur der Hersteller von Bio-Produkten, sondern auch der Händler, muss sich an bestimmte Vorgaben halten, um Bio-Produkte überhaupt vertreiben zu dürfen.

Aus Art. 28 Abs. 1 der EG-Öko-Basisverordnung ergibt sich hierzu u.a. nun, dass auch ein Unternehmer, der Bio-Produkte lediglich in Verkehr bringt, verpflichtet ist, seine Tätigkeit bei einer Öko-Kontrollstelle zu melden und sich dem Kontrollsystem, also der Bio-Zertifizierung, zu unterwerfen.

Diese Verpflichtung gilt nach dem Wortlaut folglich auch für sämtliche Einzelhändler, die Bio-Produkte ausschließlich vertreiben, und nicht etwa auch produzieren; also grundsätzlich auch für Online-Händler.

Hiervon abweichend hat der deutsche Gesetzgeber jedoch eine Ausnahme vorgesehen: Nach § 3 Abs. 2 Öko-Landbaugesetz (ÖLG) gilt die vorgenannte Kontrollpflicht nicht, wenn die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher verkauft werden. Typischer Anwendungsbereich ist hier das Ladengeschäft. Ob auch beim Online-Handel eine direkte Angabe im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist seit Langem höchst umstritten.

Fall

Vor dem Hintergrund dieser unsicheren Rechtslage wurden in letzter Zeit vermehrt Online-Händler abgemahnt, die Bio-Produkte vertrieben, ohne sich der Bio-Zertifizierung unterworfen zu haben- so auch im vorliegenden Fall, mit dem sich das OLG Frankfurt am Main, als erstes zweitinstanzliches Gericht überhaupt, zu beschäftigen hatte.

Dieses führt nun aus, dass nach dessen Ansicht eine „direkte“ Abgabe schon nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur bei einer Veräußerung in einem Ladengeschäft vorliegen könne. Das Merkmal „direkt“ sei nämlich nicht nur darauf zu beziehen, dass in der Vertriebskette kein weiterer Mittler dazwischenliege. Zusätzlich bringt hier das OLG noch eine räumliche Komponente ins Spiel und stellt fest, dass aus seiner Sicht eine direkte Abgabe nur bei gleichzeitiger Anwesenheit von Verbraucher und Händler vorläge.

Das Landgericht Fulda hatte in der Vorinstanz noch entschieden, dass auch beim Online-Handel eine direkte Abgabe anzunehmen sei, mit der Folge, dass eine Melde- und Zertifizierungspflicht für Online-Händler nicht gegeben wäre. Begründet wurde dies damit, dass auch elektronische Angebote, ebenso wie die in einem Ladengeschäft, eine Einladung zum Kauf (sog. „invitatio ad offerendum“) enthielten, die der Verbraucher dann einseitig, quasi direkt, annehmen könne.

Bereits daran lässt sich das Bedürfnis nach einer höchstrichterlichen Klärung dieser praxisrelevanten Auslegungsfrage ersehen.

Aus diesem Grunde hat das OLG auch die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, der die Rechtsfrage nun endgültig zu klären hat.

Wir werden weiter berichten.

Rechtsanwalt Tobias Jani