info@rbb-partner.de
+49 (7941) 92 06-0

Essen und Recht

Skurriles aus Bayern

Ob dieser Prozess wirklich notwendig war? Ein Gast hat einen Wirt vor dem Amtsgericht München wegen einer Beschädigung seiner Zahnbrücke auf Schadensersatz verklagt. Was war passiert?

Der Gast hatte in dem bayrischen Lokal ein Nackensteak vom sogenannten Halsgrat – dem Schweinekamm – bestellt. Als der Gast herzhaft in das Fleischstück gebissen hat, sollen seine Zähne auf ein Knochenstück getroffen sein, wodurch seine Zahnbrücke gebrochen ist. Der Gast war der Ansicht, dass der Wirt vor dem Zubereiten und Servieren des Fleischstückes dieses auf etwaige Knochenstücke hin hätte überprüfen müssen.

Das Amtsgericht München hat diese Klage abgewiesen. Der Richter am Amtsgericht München stellte in seinem Urteil fest, dass ein auch nur durchschnittlich gebildeter Verbraucher wisse, dass es sich bei Fleisch um ein Produkt handelt, welches vom Tier stammt und dass somit in der ursprünglichen Form Knochen vorhanden sind, die bei der Zerteilung und Herstellung verbrauchsfertiger Portionen noch entfernt oder bearbeitet werden müssen. Der Gast hätte deshalb darauf vorbereitet sein müssen, dass das servierte Fleischstück auch noch Knochenreste enthalten kann. Etwas anderes hätte nur gegolten, wenn der Wirt das Gericht ausdrücklich als „knochenfrei“ angepriesen hätte, was hier jedoch nicht der Fall gewesen ist. Im Übrigen könnte es einem Wirt auch nicht zugemutet werden, das Fleisch auf kleinste Knochenteile hin zu untersuchen. Da der Gast offensichtlich selbst das kleine Knochenstück trotz Zerschneidens des Fleisches nicht erkennen konnte spreche viel dafür, dass es sich um ein äußerst kleines Teil im Inneren des Steaks gehandelt haben muss.

Zusätzlich konnte das Amtsgericht auch auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2009 Bezug nehmen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.03.2009 Az. VI ZR 176/08). Das oberste deutsche Zivilgericht hatte sich mit der Frage befasst, ob ein Bäcker dafür haftbar gemacht werden kann, dass in einem Gebäckstück mit Kirschfüllung ein Kirschkern enthalten war. Das Gericht hatte es schon damals als zu bedauerndes allgemeines Lebensrisiko bezeichnet, dass man bei einem derartigen Produkt auf einen Kirschkern beißt und eine Haftung des Bäckers abgelehnt. Das Amtsgericht hat diese Argumentation jetzt noch dahingehend ergänzt, dass einem Verbraucher, der auf ein kleines Knochenteil beißt, in der Regel keine schwerwiegende Gesundheitsgefahr droht, die um jeden Preis und mit jedem erdenklichen Aufwand vermieden oder beseitigt werden muss.

Diese Argumentation scheint letztlich auch den Gast im vorliegenden Fall überzeugt zu haben. Das Urteil des Amtsgerichts München ist zwischenzeitlich rechtskräftig geworden.

Rechtsanwalt Pablo Blessing