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Essen und Recht

„Natürliches Mineralwasser“ muss nicht absolut rein sein

Eigentlich wollte das Land Baden-Württemberg nur verhindern, dass Getränkehersteller Mineralwasser mit Schadstoffen vertreiben und die fünf betroffenen Mineralquellen schließen. In dem in diesem Zusammenhang geführten Rechtsstreit kamen die Richter des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in Mannheim (VGH) zu folgender, auf den ersten Blick verblüffenden Erkenntnis:

Ein bisschen Dreck darf schon sein. Ein „natürliches Mineralwasser“ muss nicht absolut rein sein.

Das Gebot „ursprüngliche Reinheit“ der bundesweiten Mineral- und Tafelwasserverordnung fordere keine absolute Abwesenheit von Schadstoffen, entschied der VGH in seinem Urteil. Damit unterlag das Land Baden-Württemberg, das fünf Mineralquellen die Zulassung verweigern wollte, weil dort Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen worden waren. Weil diese aber nicht gesundheitsschädlich seien und es in der Mineralwasserverordnung keine Grenzwerte gebe, erkannte der VGH in der Nichtzulassung einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit.

Damit blieben Berufungen des Landes Baden-Württemberg gegen Urteile des Verwaltungsgerichtes Stuttgart erfolglos. Das Stuttgarter Gericht hatte die Widerrufe staatlicher Anerkennungen aufgehoben.

Aus Sicht des VGH ist für solche Qualitätsanforderungen, die dermaßen in die Berufsfreiheit eingreifen, ein Gesetz nötig. Der vom Land herangezogene „Orientierungswert“ für Pflanzenschutzmittel und Arzneimittel von 0,05 Mikrogramm pro Liter sei aber nur in einer behördeninternen Verwaltungsvorschrift festgelegt. Diese ersetze die gebotene gesetzliche Regelung nicht. Auch hätte für einen Widerruf ein Schaden für den Staat, die Allgemeinheit oder wichtige Gemeinschaftsgüter drohen müssen, was hier nicht der Fall gewesen sei. Der Gesundheits- und Verbraucherschutz oder der Schutz eines fairen Handels erfordere nicht die absolute Reinheit eines „natürlichen Mineralwassers“.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann das Land Baden-Württemberg Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen. Abseits des Rechtsstreits kann das Land Baden-Württemberg beim Bund darauf hinwirken, dass er entsprechende Grenzwerte in die Mineralwasserverordnung aufnimmt.

Rechtsanwalt Frank Gerhard