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Essen und Recht

Currywurst und Mehrwertsteuer

Dass das deutsche Rechtssystem komplex und kompliziert ist, ist bekannt. Dies gilt insbesondere auch für das Steuerrecht.

Denn was die steuerliche Einstufung anbetrifft macht es einen Unterschied, ob der Kunde die Currywurst im Sitzen oder stehend zu sich nimmt. Werden die Lebensmittel im Stehen verzehrt, so erhebt das Finanzamt 7% Mehrwertsteuer, wird im Sitzen gegessen, so fallen 19% an. Jedoch gilt es beim Essen im Sitzen genau zu unterscheiden, wie die sogenannten Verzehrvorrichtungen ausgestaltet sind.

So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 30.6.2011 (Az. V R 35/08) wie folgt entschieden: „Die Abgabe von Bratwürsten, Pommes Frites und ähnlichen standardisiert zubereiteten Speisen an einem nur mit behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen ausgestatteten Imbissstand ist eine einheitliche Leistung, die als Lieferung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.“

Zudem „dürfen Verzehrvorrichtungen nur als Dienstleistungselement berücksichtigt werden, wenn sie vom Leistenden als Teil einer einheitlichen Leistung zur Verfügung gestellt werden“ (Urteil des Bundesfinanzhof vom 30.6.2011, Az. VR 18/10).

„Danach ist der ermäßigte Steuersatz von 7% anzuwenden, wenn lediglich „geschäftsmäßige Verzehrvorrichtungen“ wie Ablagebretter an Imbissständen zur Verfügung gestellt werden. Sind am Imbissstand zusätzliche Tische und Sitzgelegenheiten vorhanden, so findet der Steuersatz von 19% Anwendung“ berichtet RA Blessing, der verschiedene Gastronomen im Rahmen der Auslegung dieser Vorgaben beraten hat und in diesem Zusammenhang auf die willkürliche Differenzierung stieß.

Seinerzeit wurde der ermäßigte Steuersatz von 7% aus sozialen Gründen geschaffen. 75 % der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Artikel sind Lebensmittel. Die vergünstigte Besteuerung sollte dazu führen, dass sich jeder Lebensmittel leisten kann.

An dieser derzeitigen undurchsichtigen und mit Ausnahmen versehenen Rechtslage soll sich nun etwas ändern, da das Bundesfinanzministerium eine Vereinheitlichung der Gesetzeslage plant. Nach den Vorstellungen des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) sollen im Kino verzehrte Speisen wie Popcorn oder Schokoriegel mit dem reduzierten Steuersatz belegt werden.

Hingegen soll auf den Konsum der Currywurst mit Pommes Frites an einer Imbissbude, welche auch Stühle und Tische zur Verfügung stellt der volle Steuersatz anfallen.

Verbraucher befürchten jedoch, dass eine solche Änderung Preiserhöhungen nach sich zieht, sofern der Gastronom Verzehrvorrichtungen anbietet, da er dann dem höheren Steuersatz unterliegt.

Thomas Eigenthaler, der Bundesvorsitzende der deutschen Steuergewerkschaft äußerte gegenüber der „Welt„: „Es ist unsinnig, dass der Staat mit dem ermäßigten Steuersatz auch für den Gutverdiener den Milch- und Brotpreis verbilligt.“

„Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz ist eine Branchensubvention und hat mit sozialer Gerechtigkeit wenig zu tun“, sagt Stiftungsvorstand Michael Eilfort. „Bulettenbrater, Sprudelhersteller, Konzertagenturen und Kunstgalerien kämpfen doch nicht aus Mildtätigkeit um den niedrigeren Satz“, so Eilfort.

Zurzeit steht der Bund mit den Ländern in Verhandlungen, da es sich bei einer Änderung um ein zustimmungsbedürftiges Gesetz handelt, welches nach dem Gesetzesbeschluss durch den Deutschen Bundestag auch der Zustimmung des Bundesrats bedarf.

„Es bleibt abzuwarten, ob und welche Neuerungen auf uns zukommen. Zu befürchten bleibt, dass der Gesetzgeber erneut keine Klarheit und Vereinheitlichung schafft, sondern allein den Anwendungsbereich der Klientelpolitik erweitert“ so RA Blessing.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband e.V. (DEHOGA) setzt sich zum Beispiel dafür ein, dass im gesamten Bereich der Hotellerie und Gastronomie ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz von 7% zur Anwendung kommt. Es wurde eigens hierfür ein Internet-Portal geschaffen.

Wir werden an dieser Stelle berichten, sofern sich die Gesetzeslage ändert.

Rechtsanwalt Enzo Beathalter