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Essen und Recht

„5 l Fass Bitburger Premium Pils solo“ verstößt gegen Preisangabenverordnung

Ein Kölner Lieferservice, der einem Franchise-System angeschlossen ist, bewarb im Rahmen verschiedener „Party-Pakete“ Angebote, bei denen Familienpizzen, Pasta, Salate und Aufläufe in Verbindung mit einem „5 l Fass Bitburger Premium Pils solo“, einem „Chianti, Lambrusco, Soave 0,75 l“ oder „Cookie, Caramel, Brownie, Cup 500 ml“ erworben werden konnten.

Bei der Werbung dieser Familienpakete wurden lediglich die jeweiligen Endpreise ohne Angabe der entsprechenden Grundpreise benannt.

Der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln sah hierin einen Verstoß gegen die Pflicht zur Angabe des Grundpreises gem. § 2 Abs. 1 PAngV (Preisangabenverordnung) und damit zugleich ein wettbewerbswidriges Verhalten.

Das Landgericht Köln wies die Klage zunächst ab. Das Oberlandesgericht Köln verurteilte den Lieferservice als Berufungsinstanz antragsgemäß (OLG Köln GRUR RR 2011, 472) und der Bundesgerichtshof stützte in der Entscheidung vom 28.06.2012 die Auffassung des Berufungsgerichts (Az: I ZR 110/11). In der am 02.01.2013 veröffentlichten Entscheidung wurde zunächst bestätigt, dass ein Verstoß nicht bereits in der Bildung der Kombinationsangebote von Speisen und Getränken bzw. Nachspeisen vorliege. Für derartig zusammengesetzte Angebote von Speisen und Getränken muss ein Grundpreis nicht angegeben werden, obschon diese Verpflichtung für jedes Einzelerzeugnis nach § 2 Abs. 1 PAngV bestünde. Grundlage hierfür sei § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV, wonach „§ 2 Abs. 1 nicht anzuwenden ist auf Waren, die verschiedenartige Erzeugnisse enthalten, die nicht miteinander vermischt oder vermengt sind“. Diese Voraussetzung liege bei den Kombinationsangeboten gerade nicht vor. § 2 Abs. 1 PAngV stelle eine Marktverhaltensregelung dar, die ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG hat. Jeder Verstoß hiergegen stellt danach ein unlauteres Verhalten nach § 4 Nr. 11 UWG dar, welches sodann auch unzulässig im Sinne von § 3 UWG ist.

Soweit der beklagte Lieferservice jedoch Getränke und Eiscreme in Fertigpackungen gesondert zu einem eigenen Preis, mithin nicht in Kombination mit Speisen, beworben hat, kommt der Bundesgerichtshof zu der Auffassung, dass er sich nicht auf die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV stützen kann. § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV setzt Art. 3 Abs. 2 1. der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse in das deutsche Recht um. Danach ist § 2 Abs. 1 PAngV auch dann nicht anzuwenden, sofern die Waren „im Rahmen einer Dienstleistung angeboten werden“.

Der Lieferservice lieferte die Lebensmittel Bier, Wein und Eiscreme in Fertigpackungen des Herstellers aus, für die die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises besteht. Allein der Umstand, dass sich der Lieferservice dazu verpflichtet, die Waren auszuliefern, führt nicht dazu, dass der Schwerpunkt der Leistungserbringung auf der Dienstleistung liege. Das Oberlandesgericht Köln habe zurecht darauf hingewiesen, dass die Transportdienstleistung in diesem Fall gegenüber der Lieferung der Waren zurücktritt, berichtet Rechtsanwalt Enzo Beathalter. „Auch aus dem Wortlaut der Richtlinie, wonach „bei Erbringen einer Dienstleistung gelieferten Erzeugnissen“ eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Angabe der Grundlagenpreise besteht, ergibt sich keine andere Auslegung; vielmehr wird bestätigt, dass eine Ausnahme nur dann vorliege, wenn das Angebot von der Dienstleistung wesentlich geprägt ist. Dies ist auch dann nicht anders zu beurteilen, wenn Lebensmittel wie Wein, Bier und Eiscreme im Zusammenhang mit der Lieferung von Speisen angeboten werden, die erst noch zubereitet werden müssen und dann jedoch ausgeliefert werden, da auch hier die Lieferung im Vordergrund steht.“

Bis dahin ist die Entscheidung im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung nicht zu beanstanden. Anschließend wurde jedoch durch die Berufungs- und Revisionsinstanz nicht hinreichend berücksichtigt, dass ein Mindestbestellwert von 8,00 €, welcher sich allein auf die zu liefernden Speisen bezog, dazu führte, dass eine isolierte Abgabe von Bier, Wein und Speiseeis nicht erfolgte. Hier nahm der Bundesgerichtshof an, dass auch bei einem kombinierten Bezug der Waren § 2 Abs. 1 PAngV Anwendung finde, da aus Sicht des Verbrauchers „das Angebot so hinreichend konkret sei, dass der Abschluss eines Geschäfts aus Sicht des Kunden ohne weiteres möglich ist“. Hier wurde – so Rechtsanwalt Enzo Beathalter – dem Umstand nicht hinreichend Rechnung getragen, dass der Abschluss des Kaufvertrages vom gleichzeitigen Zustandekommen eines weiteren Erwerbsgeschäfts zwischen den Parteien abhängig gemacht wird. „Diese Kombination führe dazu, dass die Ausnahmeregelung der Preisangabenverordnung greifen müsse“.

Für die Praxis bedeutet dies, dass bei der Lieferung von in Fertigpackung verpackter Waren wie Bier, Wein und Eiscreme neben noch zuzubereitenden Speisen in den Preislisten des Anbieters und in der Werbung für Angebote neben dem Endpreis auch der Grundpreis der Waren angegeben werden muss.

Rechtsanwalt Tobias Vels